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Agrarpolitik mit Kaspar Jörger: „Es würde uns nie einfallen Hunde so zu halten, wie Schweine“

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Agrarpolitik mit Kaspar Jörger: „Es würde uns nie einfallen Hunde so zu halten, wie Schweine“

Kaspar Jörger ist Tierschützer von Amtes wegen und erklärt im Gespräch, warum es Schweizer Nutztieren gut geht und weshalb eine Weiterentwicklung der rechtlichen Grundlagen doch wichtig ist.

Redaktion
Jan 29, 2022
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Agrarpolitik mit Kaspar Jörger: „Es würde uns nie einfallen Hunde so zu halten, wie Schweine“

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29. Januar 2021 | Staffel 5, Folge 2

👋 Guten Morgen und willkommen zur zweiten Ausgabe der fünften Staffel Agrarpolitik – der Podcast✨

Heute im Gespräch: Kaspar Jörger. Der Tierarzt sagt, dass es Schweizer Nutztieren gut bis sehr gut geht. Er leitet den Bereich Tierschutz beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen und erklärt im Gespräch mit Andreas Wyss, wie sich der Tierschutz in der Schweiz entwickelt hat; warum Nutztierhaltung eigentlich immer einen Kompromiss zwischen Nutzen und Schützen eingeht; und weshalb die Weiterentwicklung der rechtlichen Grundlagen trotzdem notwendig ist.

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„Es gibt eine lange Geschichte des Tierschutzes in der Schweiz.“

Die Bundesverfassung gibt es seit 1848 und interessanterweise ist das Tierschutzrecht nicht viel jünger. Während das Parlament Obligationen- und Handelsrecht berat, erliess der Bundesrat bereits Transportvorschriften. Das war 1880.

1893 wurde aufgrund einer Volksinitiative das Schächtverbot in die Bundesverfassung aufgenommen. Ab 1909 regelte die Fleischschauverordnung den Tierschutz in der Schlachtanlage. Seit 1942 wird die vorsätzliche Misshandlung, Vernachlässigung oder unnötige Überanstrengung von Tieren mit Busse oder Gefängnis bestraft, seit 1973 ist der Tierschutz in der Verfassung verankert. Das Tierschutzgesetz von 1978 enthält zwei wichtige Elemente, wie Jörger erklärt: Einerseits die Bewilligungspflicht für serienmässige Stallbauten – was einer grossen Zahl von Tieren diene. Andererseits bestünden für den Umgang mit Tieren bei der Schlachtung und Tötung sowie bei deren Verwendung in Tierversuchen ausführliche Bestimmungen.

„Es gibt eine lange Geschichte des Tierschutzes in der Schweiz, wir haben ein gutes Fundament“, sagt Kaspar Jörger deshalb.

Entwicklung der Schweizer Tierschutzgesetzgebung
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Kurze Präsentation der wichtigsten Etappen in der Entwicklung des Tierschutz-Gesetzes.
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Die Geschichte zeigt, dass Debatte über die richtige Haltung von Tieren nicht primär in der Landwirtschaft entstand. Wie Jörger erklärt, haben sich zunächst Lehrer und Pfarrer für den Schutz der Arbeitspferde eingesetzt. Der ehemalige Bündner Kantonstierarzt erinnert daran, dass im Kanton Graubünden die Lehrer die Verantwortung für den Zuchtstier hatten. „Bei Bedarf kamen die Bauern zum Lehrer und haben ihre Kühe decken lassen.“ Das war möglich, weil Schule damals nur im Winter stattfand, die Lehrer also über mehr Zeit verfügten.

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„Schade ist nur, dass wir nicht 100 Prozent erreichen“

Tierschutz-Bestimmungen gehen laut Kaspar Jörger immer einen Kompromiss ein zwischen Nutzen und Schützen. So sei Nutztierhaltung im Vergleich zur Freiheit immer eine Einschränkung; insbesondere, was die Bewegungsfreiheit betrifft. Im Gegenzug werden Tiere von Tierhaltenden versorgt, „und ziehen da einen Nutzen aus der Haltung“, meint Jörger.

In jedem Fall wichtig ist, dass die Anpassungsfähigkeit durch das Haltungssystem nicht überfordert werde. In diesem Sinn und entlang der Minimalanforderungen hat sich die Tierschutz-Gesetzgebung entwickelt. Tierhalterinnen und Tierhaltern ist es freigestellt, die Anforderungen zu überschreiten. „Nur unterschreiten ist verboten.“

Entsprechend wichtig sind aus seiner Sicht die Tierwohlprogramme des Bundes für besonders tierfreundliche Stallhaltung (BTS) und regelmässigen Auslauf im Freien (RAUS). Dank diesen Programmen hätten sehr viele Tiere sehr viel bessere Haltung erfahren. „Gerade im Bereich Auslauf, Gruppen- und Freilandhaltung. (…) Schade ist nur, dass wir nicht 100 Prozent erreichen“, sagt Jörger. Offenbar seien die finanziellen Anreize für einzelne Tierhalter nicht genügend hoch. Er meint damit vor allem unterschiedlichen betrieblichen Situationen (etwa fehlender Platz für einen Auslauf).

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„Es würde uns nie einfallen Hunde so zu halten, wie Schweine“

Bisher haben die Land- und Ernährungswirtschaft und die Gesellschaft viel in die Infrastruktur investiert. „Wir versuchen eine Infrastruktur zu fördern, die Liegeflächen, Sichtschutz und Rückzugsmöglichkeiten bietet“, sagt Jörger. Der nächste Schritt für die Weiterentwicklung sei das Management. Dazu gehörten etwa die regelmässige Beobachtung von Tieren, die in Gruppen gehalten werden.

Ein weiteres Handlungsfeld ist der Freilauf. Jörger betont die Bedeutung der freien Bewegung für das Sozialverhalten der Tiere, die Tiergesundheit und die damit verbundene Reduktion des Medikamenteneinsatzes. Dass Milchkühe 20 bis 23 von 24 Stunden angebunden seien, sei kaum gerechtfertigt, findet Jörger. Ebenso wären Fortschritte in der Schweinehaltung wünschenswert. Denn Schweine hätten kognitive Fähigkeiten wie Hunde. „Und es würde uns nie einfallen, Hunde so zu halten, wie Schweine“, sagt Jörger.

Es ist laut Jörger ein Erfolg, dass die Tierschutzbestimmungen wissenschaftlich erarbeitete Grundlagen und Erkenntnisse aufnehmen kann, die dem Tierwohl tatsächlich dienen. „Es ist wichtig, dass wir uns immer weiterentwickeln."

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Soviel für den Moment von uns. 🙏 Danke fürs Interesse, schönes Wochenende 👋 und frohes Podcast-Hören 😀.

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Agrarpolitik wird von vielen Menschen umgesetzt und gemacht: von Landwirtinnen und Landwirten, von Verbandsvertreterinnen und -Vertretern, vom Bundesrat, von Parlamentarierinnen und Parlamentariern.

Im Agrarpolitik-Podcast beleuchten wir die Entwicklungen, zeigen Ansprüche und Handlungsachsen. Wir fragen nach - und hören zu und machen Agrarpolitik verständlich.

Wir sind: Sie, unsere Gäste, Andreas Wyss (Gespräche), Lisa Nagy (Social Media), Louisa Wyss (Webinare) und Hansjürg Jäger (Produktion).

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